Netzpolitik.org titelt: „Das neue Facebook: Nix wie raus hier„, Artikel wie „Logging out of Facebook is not enough“ tauchen plötzlich auf – was ist passiert? Ganz einfach: Letzte Woche verkündete Mark Zuckerberg, der Facebook Gründer und Chef, auf einer Pressekonferenz einige neue „Features“ von Facebook, darunter die sogenannte „Timeline“. Spiegel online schreibt:
Alle Fotos, alle Videos, alle gelesenen Bücher, jedes selbstgekochte oder im Restaurant eingenommene Essen, überhaupt alle Lebensereignisse in einer Art Endlos-Steckbrief vereint, unten die Geburt, oben die Gegenwart – das ist Facebooks neue Vision von der eigenen Rolle im Leben seiner Nutzer.
Vielen war zwar schon davor irgendwie klar, dass Facebook Daten sammelt und diese für Werbung verkauft, aber viele ignorierten dies einfach, ließen sich durch neue „Sicherheitsfeatures“ einlullen oder hatten die Einstellung, einfach nichts wichtiges zu posten. Durch das zuletzt vorgestellte „Kreise“ Feature von Facebook, dass dem von Google+ gleicht, schien die Kontrolle über freigegebene Daten sogar noch einfacher. Doch die von Mark Zuckerberg vorgestellte „Timeline“ öffnete schließlich doch vielen die Augen – plötzlich sollte man sein komplettes Leben in Facebook preisgeben. Natürlich beschwichtigte man, man könne ja die Sichtbarkeit der Informationen einstellen, aber nun keimen eigentlich schon lange bekannte oder erahnte Datenschutzängste wieder hoch – verkauft Facebook meine Informationen, um mir passende Werbung zu bieten? Die Antwort ist zu 99% Ja.
Bei einigen brachte es auch das Fass zum Überlaufen – siehe folgender Blog-Artikel:
(…) Somehow Facebook knew that we were all coming from the same browser, even though I had logged out. (…) I first emailed this issue to Facebook on the 14th of November 2010. I also copied the email to their press address to get an official response on it. I never got any response. (…) I have been sitting on this for almost a year now. The renewed discussion about Facebook and privacy this weekend prompted me to write this post.
Und damit wären wir bei Punkt Nummer zwei, den Like-Butons. Like-Buttons erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und sind auf immer mehr Websites zu finden. Bisher dachten die meisten User sich nicht viel dabei, wenn ein Like-Button irgendwo zu sehen war. Der vermeintlich schlaue User dachte sich möglicherweise sogar noch „Ich bin ja ausgeloggt“. Doch das sollte sich schleunigst ändern: Wie sich nun herausstellte reicht ausloggen bei Facebook nicht – Facebook Cookies werden im Browser behalten, und selbst wenn man nicht eingeloggt ist und eine Webseite besucht, auf der ein Like-Button ist, werden an Facebook Daten übermittelt. Auf diese Weise ist es Facebook also möglich eine umfassende Historie der besuchten Seiten eines Benutzers zu erstellen und so auch Interessen zu filtern, z.B. wenn ich häufig Internetseiten über Autos besuche. Also auf gut Deutsch: Facebook weiß, auf welchen Seiten du surfst. Das ist meiner Meinung nach sogar noch kritischer als die „Timeline“, da der Nutzer hierüber nur wenig bis keine Kontrolle hat. Abhilfe gibt es für den Endbenutzer derzeit nur eine: Einen extra Browser für Facebook verwenden – was natürlich sehr unpraktisch ist. Hier sollten deshalb auch Webseitenbetreiber ansetzen: Die Share-Buttons von heise.de (auch 2-Klick Buttons genannt) aktivieren die Facebook, Google oder Twitter Buttons nur wenn der Nutzer dies explizit erlaubt, d.h. es werden auch nur dann daten Übermittelt, wenn der Nutzer dies ausdrücklich möchte.
Dennoch, die eigenen Daten sind (und waren) bei Facebook wohl nicht sicher, egal mit wem man etwas „teilt“, Facebook ließt mit. Dadurch hat sich Facebook mehr oder weniger unbemerkt zu einer Datenkrake auf Google-Niveau entwickelt, wobei die Situation hier sogar teilweise etwas ernster ist: Während Google zwar auch fleißig Daten sammelt, führt einen der Weg irgendwann auch zwangsläufig auf externe Seiten (Google Suche), während Facebook immer mehr versucht, zum Zentralen Punkt im Leben des Nutzers zu werden. Das Motto „Warum Facebook verlassen, wenn es hier schon alles gibt“, erinnert an die Stasi-Zentrale in der DDR – Es gab alles im eigenen Haus: Friseur, Läden, Bank, Schuster, Schneider und Ärzte. Nachrichten sollen E-Mail ersetzen, Chats und Videotelefonate Messenger Programme, News-Portale posten Neuigkeiten direkt zum Lesen auf Facebook. Der unbedarfte Nutzer nimmt dies hin und liefert sich somit Facebook aus, und durch die Like-Buttons tappt auch der vorsichtigere Nutzer schnell ins Facebook-Fettnäpfchen. Und selbst wenn man alle nur irgendwie möglichen Vorsichtsmaßnamen ergreift, ist man immer noch nicht vor den anderen Nutzern geschützt, die möglicherweise, meist ganz unabsichtlich und aus Unwissenheit, Informationen über einen in Facebook stellen.
Mir war schon immer klar, dass alles was ich auf Facebook stelle öffentlich ist, aber die Like-Button Geschichte hat mich doch recht nachdenlich gestimmt. Ich ziehe nun daraus so gut wie ich kann Bilanz und werde nun noch mehr darauf achten, was ich in Facebook stelle und wohl jeden Like-Button mit flauem Gefühl betrachten. Zumindest auf meiner Website habe ich dem aber abgeholfen: silentdragon.de nutzt nun die Heise 2-Klick Buttons, allerdings muss dazu der Artikel (z.B. per Klick auf die Überschrift auf der Startseite oder per Klick auf „Weiterlesen“) direkt aufgerufen werden. Nicht gerade förderlich für die soziale Interaktion, aber Datenschutztechnisch allemal besser. Zu diesen Änderungen werde ich in Kürze auch einen Artikel verfassen.
Jedem Nutzer muss selbst überlassen bleiben, wie er mit Facebook umgeht, ich kann nur jedem raten, Vorsicht walten zu lassen. Irgendwie weiß ich jetzt aber was Anonymous mit „Facebook ist böse“ gemeint hat…